Das schönste Tor des Schmiedes


In einem kleinen Dorf lebte ein Schmied mit seiner Familie. Jeden Tag von früh bis spät stand er in seiner Werkstatt und schuftete. Weitherum hörte man wie er das Eisen klopfte. Sein Leben war hart, doch er beklagte sich nie. Doch manchmal hielt er mit dem Klopfen inne und träumte davon, einmal nicht in dieser Werkstatt zu stehen und die Welt zu sehen, doch schnell besann er sich wieder auf die Arbeit. Eines Tages kam eine alte, seltsame Frau in seine Werkstatt und sagte zu ihm: „Schmied , wenn du mir das schönste Tor machst, das du je gemacht hast, soll es dein Schaden nicht sein“. Verwundert über diesen seltsamen Wunsch, machte sich der Schmied an die Arbeit.


Das Eisen bog sich wie von selbst, es entstanden die schönsten Blumen und Ranken – es war wahrlich ein so schönes Tor, wie es der Schmied noch nie gemacht hatte. Als das Tor fertig war und der Schmied stolz sein Werk betrachtete, stand plötzlich die alte Frau in seiner Werkstatt. „Schmied ich bin sehr zufrieden mit deiner Arbeit, du sollst einen guten Lohn dafür bekommen“. Dann gab sie ihm ein grosses Stück Tuch mit eingewobenen Goldfäden, aufgewickelt auf einem dicken Holz. Unter einem guten Lohn verstand der Schmied allerdings etwas anderes, doch weil er ein friedfertiger Mensch war, nahm er das Tuch und legte es auf die Werkbank. Die Frau riet ihm, er solle bei hellem Mondenschein mit dem Tuch an einen grossen Fluss gehen und das Tuch mit dem Wasser des Flusses benetzen. Dann verschwand die Frau wie sie gekommen war.


Der Schmied fand das eine merkwürdige Geschichte, doch immer wieder schweifte sein Blick zu diesem Tuch auf der Werkbank, ja es liess ihn nicht mehr los. Am Abend wurde er so unruhig, dass er das Tuch unter den Arm nahm und zum Fluss ging. Er setzte sich unschlüssig ans Ufer und überlegte, ob er nun das Tuch mit dem Flusswasser benetzten soll. Im Mondenschein glitzerten die Goldfäden wunderschön. Schliesslich fasste er Mut, ging mit dem Tuch zum Wasser und benetzte es. Ein warmes Gefühl durchströmte ihn – das Tuch begann sich zu bewegen und spannte sich auf zu einem grossen Segel – aus dem Holz wurde ein wunderschönes Segelboot und die Goldfäden verwandelten sich in klingende Geldmünzen. Vor ihm stand ein wunderschönes Schiff, ein Schauer erfasste den Schmied, doch die Freude an diesem prachtvollen Schiff war grösser und so stieg er ein. Das Schiff begann sich zu bewegen und segelte mit dem Schmied ruhig den Fluss hinunter. Der Wind strich ihm übers Gesicht, es war so wie er immer davon träumte. Er dachte an seine verlassene Schmiede und an die Freunde, die er zurück liess, doch er war sich sicher, dass sich die Freunde mit ihm freuen würden und machte sich glücklich auf die grosse Reise um die Welt.



ENDE